Ausstellung über Werften: der einstige Stolz von Lübeck

Ausstellung über Werften: der einstige Stolz von Lübeck - Ankerherz Verlag

Auf Lübecks Werften wurden einst deutschlandweit die größten Containerschiffe gebaut. Der Künstler und Autor Rainer Wiedemann hat die harte Arbeit auf den Werften dokumentiert. Das Industriemuseum Herrenwyk widmet dem Thema nun eine Ausstellung, die noch bis zum 30. August zu sehen ist.

Mehr als 120 Jahre lang war der Lübecker Hafen und der Unterlauf der Trave geprägt von den Werften, von Hellingen, Kränen und Dockbauplätzen. Zwischen 1882 und 2002 wurden in Lübeck Hunderte Schiffe aus Eisen und Stahl gebaut. Dies nimmt das Industriemuseum Herrenwyk zum Anlass, diesem für die Wirtschaft der Hansestadt ehemals so bedeutenden Thema eine komplette Ausstellung zu widmen: Bis zum 30. August 2024 nimmt die Schau „Schiffbau in Lübeck im 20. Jahrhundert“ zum ersten Mal alle ehemaligen Lübecker Werften in den Blick.

Die Werften von Lübeck

Sie beginnt dabei thematisch mit dem Übergang vom Holz- zum Eisenschiffbau in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und legt ihren Schwerpunkt auf die industrielle Produktion gewaltiger Stahlschiffbauten im 20. Jahrhundert. Neben der Darstellung der Historie liegt der Fokus auch auf den Arbeitern, die auf den Werften beschäftigt waren. Kuratiert hat die Ausstellung der Künstler und Autor Rainer Wiedemann. 

  

Neben Texttafeln sind Schiffs- und Spanten-Modelle sowie alte Baupläne zu sehen. Über 150 bislang größtenteils unveröffentlichte Fotografien veranschaulichen den Schiff- und Dockbau. Sie zeigen Stapelläufe, Kräne und Hellinge und geben Einblicke in die Entwicklung der Werftgelände und der Werkhallen. Ein eigens in der Ausstellung eingerichteter Arbeitsplatz zeigt eine Werkbank mit typischen Werkzeugen: Ausbeulhammer, Nietenwärmer, Pressniethämmer, Pressluftbohrer, Schweißwagen, Stanzen und Blechscheren.

Arbeitsplatz nachgebaut

Die frühen Werftprojekte wie die von Henry Koch, H.J.A. Meyer oder Georg Wilhelm Evers sind heute kaum noch bekannt – ebenso wenig wie das Travewerk in Siems und die Travewerft auf der Teerhofinsel. Die ehemalige Lübecker Maschinenbau Gesellschaft LMG, später Orenstein & Koppel (kurz: O & K), ist vielen in Lübeck noch eher ein Begriff, besonders aber die Flenderwerft.

Die Norröna, letztes Schiff der Flender-Werft. Foto: Ankerherz

 

Zusammen mit den in Travemünde ansässigen HATRA-Werken und der Schlichting Werft konnten die Lübecker Werften sich einen weltweit ausgezeichneten Ruf im modernen Schiffbau erarbeiten. Von ihren Hellingen liefen bedeutende Schiffe ins Fahrwasser, Spezialschiffe für die Forschung, Marine und Baggerbau, aber auch Fähr- und Containerschiffe sowie große „RoRo-Transporter“, also Roll on Roll off-Schiffe, bei denen die Waren mithilfe von Fahrzeugen direkt auf das Schiff gebracht werden konnten.

2002 lief das letzte Schiff vom Stapel

Als die Flenderwerft im Jahr 2002 als letzte große Lübecker Werft für immer ihre Tore schloss, war dies das Ende einer Ära. Das letzte Schiff, das vom Stapel lief, war die „Norröna“. Also die Islandfähre, mit der wir von Ankerherz zu unseren Skua-Touren und ins Land of Maybe aufbrechen.

Der Schiffbau verschwand damit gänzlich von der Bildfläche der Hansestadt.

Kurator Rainer Wiedemann hat sich für die Ausstellung „Schiffbau in Lübeck im 20. Jahrhundert“ bereits zum dritten Mal für das Industriemuseum Herrenwyk mit dem Thema Schiffbau auseinandergesetzt. Während er bislang den Fokus nur auf die Flenderwerft gelegt hat, setzte er sich nun mithilfe von bislang unbekanntem Material aus den Privatarchiven von Marcus Schlichting und Hans Hagelstein sowie der umfangreichen Materialsammlung von Heinz Haaker, der sich über 30 Jahre lang mit dem Thema beschäftigt hat, mit allen Lübecker Werften auseinander.

„Zu Unrecht in Vergessenheit geraten“

„Es ist mir ein Anliegen, mit dieser Ausstellung in Form eines historischen Rückblicks zu erläutern, über welch bedeutende Schiffbau-Industrie Lübeck einst verfügte. Neben der auch heute noch bekannten Flenderwerft sind weitere bedeutende Werften wie die HATRA-Werke oder die Schlichting Werft in Travemünde vollkommen zu Unrecht in Vergessenheit geraten. Dieser Industriezweig hat das Stadtbild und das Leben der Menschen in Lübeck geprägt.“

Gefördert wird die Ausstellung wurde von der Possehl-Stiftung und dem Verein für Lübecker Industrie- und Arbeiterkultur. Informationen zu Öffnungszeiten und dem Sonderprogramm gibt es HIER auf der Webseite des Museums.

 

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