Der Nackte und das Wunder im Hafen von Bremerhaven

Der Nackte und das Wunder im Hafen von Bremerhaven - Ankerherz Verlag

Die neue Folge von Stefans Geschichte vom Meer spielt diesmal in Bremerhaven. Eine der verrücktesten und dramatischsten der letzten Monate: Plötzlich steht ein Mann auf der Kaje im Containerterminal. Nass, zitternd – und splitternackt.

Auf dem Containerterminal in Bremerhaven läuft die Nachtschicht, es ist 2 Uhr in der Früh. Ein Kran greift nach Containern an Bord der „Ida Rambow“, einem kleinen Frachter, der bald wieder nach Norwegen ablegen soll. Alles scheint Routine zu sein, doch dann taucht im Wasser der Außenweser ein Kopf auf.

Da schwimmt jemand!

Die Hafenarbeiter glauben, dass ein Crewmitglied des Frachters über Bord gegangen ist. Dann klettert der Mann, der schwach um Hilfe ruft, die Sprossen der Leiter hinauf, ganz langsam, und steht schließlich auf der Kaje. Zitternd und nackt und völlig erschöpft.

Das Wunder von Bremerhaven

Was sich im und vor dem Hafen von Bremerhaven ereignet hat, wurde inzwischen von der Wasserschutzpolizei bestätigt, klingt aber unglaublich. Dass der 37 Jahre alte Nacktschwimmer, der aus Nordenham kommen soll, noch lebt: Es grenzt, man kann es nicht anders sagen, an ein Wunder.

Die Hafenarbeiter besorgen dem unterkühlten Schwimmer eine Decke, Getränke und sie organisieren trockene Kleidung. Ein Krankenwagen wird gerufen, und bevor der Mann in die Klinik kommt, erzählt er, was passiert ist.

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Auf Langlütjen I, einer kleinen Festungsinsel, die über einen Damm vom Festland aus zu erreichen ist, habe er gezeltet und abends nackt ein Bad nehmen wollen. Der Fluss ist an dieser Stelle knapp zwei Kilometer breit und für seinen Gezeitenstrom gefürchtet. Immer wieder ereigneten sich tödliche Unfälle.

Anscheinend weiß der Schwimmer nichts von der Gefahr oder er ignoriert, wie stark die Strömung ist. Sie packt ihn sofort und zieht ihn mit mehreren Knoten hinaus auf die Außenweser und ins Fahrwasser der großen Schiffe.

Gefährlicher Gezeitenstrom

Der Schwimmer verliert die Orientierung. Er kämpft ums Überleben und treibt am hell erleuchteten Containerterminal vorbei – die Stromkaje Bremerhaven ist eine der längsten der Welt – bis er ein Leuchtfeuer erkennt. Es gelingt ihm, dorthin zu gelangen und sich festzuhalten. Der einzige Turm in diesem Bereich, der über eine Leiter bis auf Wasserhöhe verfügt, ist nach Angaben der Behörden das Unterfeuer Insum.

Im Bericht der Wasserschutzpolizei ist auch von einer Sandbank die Rede, auf der er ausruhen kann, bevor die Flut wieder einsetzt. Der Mann überlegt: Was soll er nun tun? Der Strom ist zu stark, um an Land zu gelangen. Einzige Chance, der Falle zu entkommen: der Hafen. Der Mann entscheidet, mit der Flut zurück nach Bremerhaven zu schwimmen.

Sieben Stunden, nachdem er für sein Bad ins Wasser stieg, klettert er die Sprossen zur Kaje hinauf. „Das hätte tödlich enden können“, zitiert die Nordsee-Zeitung einen Sprecher des Wasserstraßen- und Schiffahrtsamtes Weser-Jade-Nordsee.

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Stefan Kruecken, Jahrgang 1975, leitet mit seiner Frau Julia den von ihnen gegründeten Ankerherz Verlag. Vorher war er Polizeireporter für die Chicago Tribune und arbeitete als Reporter für Zeitschriften wie max, Stern und GQ von Uganda bis Grönland. Gerade erschien sein neues Buch: „Muss das Boot abkönnen“.

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