Juist kann man sich gut als ostfriesisches Bullerbü vorstellen. Zwar leben dort ein paar mehr Menschen als in den drei Häusern, die sich meine Lieblingsschriftstellerin Astrid Lindgren ausdachte. Aber auf so manche Weise ist die Welt auf Juist genauso in Ordnung wie im schwedischen Phantasieland.
Vor ein paar Wochen bin ich nach 16 Jahren auf Juist in eine nette Wohngegend vor Hamburg gezogen. Die Nachbarn grüßen freundlich über den Zaun, am Samstag wird Rasen gemäht und zu dem Idyll wurde mir dann gesagt: „Guck, dass Du das Haus gut absicherst, hier wird oft eingebrochen!“
In Ostfrieslands Bullerbü gibt es keine Einbrecher
Einbrecher? Eine ganz neue Welt für mich. Mit den Gedanken, wie ich Fenster, Keller- oder Terrassentüren sichere, musste ich mich auf der Insel nicht befassen. Dort hat kaum eine Eingangstür überhaupt ein Schloss. Man kann rein und raus, wie man eben willkommen ist und es ist völlig normal, seine Habseligkeiten irgendwo abzustellen – sie liegen ganz bestimmt noch dort, wenn man wiederkommt.
Das einzige, was man auf Juist, Ostfrieslands Bullerbü, immer abschließen sollte, ist das Fahrrad. Damit vermeidet man, dass man es vor sämtlichen Kneipen suchen muss.
Willkommen zurück im echten Leben
Dass die Realität vorm Wattenmeer Halt macht und die Insel so damit in manchen Bereichen gar nicht in Berührung kommt, gibt einem dieses wohlige – wenn auch ein wenig weltfremde – Sicherheitsgefühl. Bullerbü eben: Man weiß, es ist nicht das wirkliche Leben. Viele Probleme, Schwierigkeiten und unschöne Seiten dieser Erde werden ausgeklammert. Auf Juist ist man davon nicht betroffen.
Nun ist die Jentjens-Familie aus den Seiten der heimeligen Geschichte gesprungen und erobert sich wieder die „reale Welt“ – und das fühlt sich neben kleiner Unsicherheiten und größerer Wehmutsattacken auch gut an.