Fiete Sturm ist der Seemannsdiakon von Hamburg-Altona. Jeden Donnerstag, dem „Seemannssonntag“, schreibt er im Ankerherz Blog aus seinem Alltag in der Seemannsmission an der Großen Elbstraße. Diesmal geht es um Hilfe für Seeleute.
Moin!
Aktuell besteht meine Arbeit in der Seemannsmission Altona aus vielen schwierigen und problematischen Aufgaben. Das Covid-19 Virus beutelt Seeleute besonders hart. Es geht um die Ungewissheit ob, wann und wie die Seeleute nach Hause kommen. Wie lange Arbeitsverträge noch verlängert werden können, bevor ein Seemann kollabiert. Ob er überhaupt noch Gelegenheit zum Landgang hat.
Oder auch, ob er mit Rettungseinsätzen betraut und dann damit allein gelassen wird, wie jüngst im Fall der MV Talia. Der Viehtransporter hatte 50 Flüchtlinge an Bord genommen, auf Weisung der maltesischen Behörden – und dann hatte man die Kommunikation mit der Crew eingestellt . Tagelang irrte das Schiff über das Mittelmeer. Die Geflohenen mussten in verdreckten Tierverschlägen hausen, bevor Hilfe kam.
Hilfe für Seeleute ist nötig
Auch hier im Hamburger Hafen haben wir viele Seeleute auf den Container- und Kreuzfahrtschiffen, die nicht wissen, wie genau es weiter geht. Bei all diesen negativen und dramatischen Schlagzeilen nicht selbst ganz schwermütig zu werden – das ist manchmal schon eine Kunst.
Und dann gibt es sie aber doch noch. Die Lichtblicke zwischen den dunklen Sturmwolken. Die wie goldene Sonnenstrahlen durch das Dunkel brechen und einem das Herz etwas leichter werden lassen. Einen dieser schönen Momente konnte ich am Sonntagabend erleben. Jan Herzog, Initiator der Corona Port Concerts, lud mich als Diskussionspartner mit auf die aktuelle Tour ein.
So legten wir pünktlich am Abend mit der Barkasse Hafenperle und der Hamburger Band Nervlingan Bord von den Sankt Pauli Landungsbrücken ab. Wir steuerten verschiedene Kreuzfahrt- und Containerschiffe im Hafen an. Wir brachten den Seeleuten vom Deck aus ein kleines Konzert an die eigene Bordwand.
Konzert in den Hafenbecken
Zu sehen, wie es die Seeleute berührte, das war ein fast erhebendes Gefühl. Sie freuten sich darüber, dass jemand an sie denkt und ihnen etwas Gutes tut. Sie konnten sich Lieder wünschen. Einige tanzten. Viele lachten. Zwischen den Stationen konnte ich mit Jan und dem Geschäftsführer der deutschen Niederlassung von Marlow Navigation über die aktuelle Lage der Seeleute diskutieren. Am Ende der Tour blieb ein gutes Gefühl zurück. Und die Erinnerung an viele dankbare Gesichter.
Gleich am nächsten Tag brachen wir dann, eingeladen von der Hamburger und Lübecker Bischöfin der evangelischen Kirche, Kirsten Fehrs, zur nächsten Barkassentour auf. Unter Einhaltung der coronabedingten Sicherheitsvorkehrungen (natürlich!) konnten wir hier im „Hafengespräch“ mit Vertretern aus Kirche, Kunst und Hafenwirtschaft die Lage in Hamburg erörtern. So unterschiedlich wir als Personen auch waren, eines habe ich gemerkt: Wie sehr uns der Wille eint, gemeinsam etwas gegen die Auswirkungen des Virus zu unternehmen. Direkt für Menschen da zu sein, die unter den Folgen zu leiden haben.
Das Positive in der Krise sehen
Diese positiven Beispiele haben mich sehr darin bestärkt, nicht nur das Negative in der Krise zu sehen. Ich war froh, meinen Blick über den eigenen Tellerrand zu lenken. Und Menschen zu treffen, die am gleichen Strang ziehen wollen. Konkrete Hilfe für die Seeleute. Dies war in den vergangen Tagen mein ganz persönliches Highlight!
Ich hoffe, dass Ihr dieses Gefühl mit mir teilen könnt. Vielleicht macht es auch Euch ein wenig Mut und den Tag ein wenig heller.
Aus dem Hamburger Hafen,
Euer Fiete Sturm