Aberglaube war zu früheren Zeiten ein großes Thema an Bord – und ist es manchmal noch bis heute.Ich kenne einen Seemann, Kapitän Manfred Schleiff aus Buxtehude, der vor jeder Reise eine Flasche Schnaps über Bord warf. Die Marke war dem Gott des Meeres ziemlich egal, doch die Flasche durfte nicht angebrochen sein.
Einmal hatte Schleiff nichts Passendes zur Hand und warf eine Flasche Scotch über Bord, aus der schon ein paar Schluck fehlten. „Prompt herrschte während der kompletten Reise miserables Wetter, mit Sturm von vorne und meterhohen Wellen“, erzählte Schleiff. Er entschuldigte sich im Stillen und versprach, es nie wieder zu tun.
Aberglaube: Frauen bringen Unglück
Kapitän Jürgen Schwandt erzählte mir, dass es während seiner Zeit auf Segelschiffen schlimm war mit dem Aberglauben. Wer an Deck pfiff, bezog von den älteren Matrosen eine Tracht Prügel. Denn wer pfiff, lockte den nächsten Sturm an. Wie ich höre, gilt diese meteorologische Prävention auch heute noch, minus der Ohrfeigen, versteht sich.
Ganz klar war für Matrosen früher auch, dass Frauen an Bord Unglück bringen. In ihrer Logik hatte jeder, der nicht im Stehen über die Reling pinkeln konnte, auf einem Frachtschiff nichts zu suchen. Manche nagelten Haifischflossen an den Klüverbaum, um böse Geister abzuschrecken. Viele glaubten, dass in Albatrossen und Sturmvögeln die Seelen ertrunkener Seeleute über das Meer segeln.
Amulette, Talismänner, Glücksdrachen
Heute ist Aberglaube nicht mehr gesellschaftsfähig. Die Vorstellung, dass sich ein Kapitän wegen eines Datums weigert, auszulaufen, nachdem mehr als 10.000 Stahlkisten vollautomatisch in Altenwerder abgeladen wurden, ist schon lustig. Dass es früher anders war, kann man jedoch verstehen. „Schaukel mal bei Windstärke 13 in einer Nussschale über den Nordatlantik“, sagte Kapitän Schwandt. „Da muss man sich an etwas festhalten!“
Weil es die meisten Seeleute mit dem Glauben nicht so haben, blieben Glücksbringer. Viele Seeleute nahmen einen Talisman mit an Bord. Amulette, Fotos der Liebsten. Schwandt ließ sich in Rotterdam einen Glücksdrachen in den linken Arm tätowieren. Der Glücksdrachen sieht nach mehr als sechs Jahrzehnten aus wie ein Glückskeks, doch der alte Seemann schwört, dass er treue Dienste leistete.