Stefans Geschichten vom Meer: das Schaf Pulli und die Trolle

Stefans Geschichten vom Meer: das Schaf Pulli und die Trolle - Ankerherz Verlag

Das Schaf Pulli und die Trolle. In Stefans aktueller Geschichte vom Meer geht es um einen kleinen Schäferbetrieb auf Sylt, der von Tierschützern getrollt wird.

Das kleine Schaf heißt „Pulli“, weil es aussieht, als trage es einen dunklen Pullover. Kopf und Hinterbeine sind weiß, Vorderbeine und Schulterbereich braun. „Pulli“ lebt auf einem kleinen, zertifizierten Bio-Hof namens „Sheep of Sylt“ am Rande von Westerland und hat es zu größerer Bekanntheit in den Sozialen Medien gebracht.

Knapp tausend Tiere sind als vierbeinige Deichschützer für den Familienbetrieb auf Sylt unterwegs. Was so wichtig ist für die Insel: Die Schafe halten nicht nur das Gras kurz, sondern zerstören mit ihren Tritten Maulwurfsbauten und Mäusetunnel. Für die Wolle, die anfällt, musste Schäferin Daniela Petersen Entsorgungsgebühren bezahlen.

Schaf Pulli und die Trolle

Verrückt, nein nahezu obszön in einer Zeit, in der so oft von Nachhaltigkeit die Rede ist. Wolle von Sylt für die Tonne. „Sheep of Sylt“ verkauft die Wolle inzwischen, auch wenn der Erlös (ein paar Cent pro Kilo) nicht ausreicht, um auch nur den Schafscherer zu bezahlen. Der Preis für Lammfleisch – eine weitere Einnahmequelle – ist durch billige Importe aus Neuseeland stark unter Druck. „Es ist für uns momentan nicht einfach, über die Runden zu kommen“, berichtet mir Daniela Petersen, Mutter von vier Kindern, am Telefon.

Leichter wurde es unter der Woche nicht, seit die Tierschutzorganisation PETA den Betrieb mit dem Negativpreis „Speziesismus des Monats“ an den Pranger stellt. „Ein junges Schaf ‚Pulli‘ zu nennen, dessen Art für Wolle ausgebeutet wird, ist nicht nur besonders zynisch, sondern auch speziesistisch“, schreibt Johanna Fuoß, „Fachreferentin für Tiere in der Bekleidungsindustrie“, in einer Mitteilung. Spezi-bitte, was? Dies bedeute „die Diskriminierung von nicht-menschlichen Tieren und ihre Ausbeutung als Nahrung, Forschungsobjekte, Bekleidungsmaterialien oder Spielzeug“.

Ich habe Frau Fuoß angerufen.

Nein, den Betrieb, der angeblich „qualvoll ausbeutet“, hat PETA nie besucht. Zwei Tage, bevor die der Preis verkündete wurde, habe man „Sheep of Sylt“ darüber in Kenntnis gesetzt.

Wer soll denn auf Sylt die Deiche schützen, wenn nicht Schafe?

Maschinelle Mähgeräte, antwortet Frau Fuoß.

Das sei aber nicht besonders umweltfreundlich, entgegne ich.

Arroganter wird es nicht

Dann könne ja jemand per Hand mähen, meint Frau Fuoß. Ach ja, und „Pulli“ habe einen „Sonderstatus“ und werde nicht geschlachtet. Auch dies sei, genau: zu „verurteilen“.

Ich möchte hiermit auch einen Preis ausloben, für den größten Hirnköttel des Monats. Auch im Juli wird das wieder eine knappe Entscheidung, wenn man Nachrichten verfolgt. Aber diese selbstgerechte, arrogante Art, mit der selbsternannte Tierschützer einen familiengeführten Bio-Hof trollen, die ist ganz vorne dabei.

 

Stefan Kruecken, Jahrgang 1975, leitet mit seiner Frau Julia den von ihnen gegründeten Ankerherz Verlag. Vorher war er Polizeireporter für die Chicago Tribune und arbeitete als Reporter für Zeitschriften wie max, Stern und GQ von Uganda bis Grönland. Gerade erschien sein neues Buch: „Muss das Boot abkönnen“.

 

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