Das Schicksal der spanischen Fischer. In dieser Folge von Stefans Geschichten vom Meer geht es um den Untergang des Trawlers „Villa de Pitanxo“ auf den Grand Banks vor Neufundland.
Wie verhalten sich Fischer, wenn ihr Schiff gesunken ist?
An was halten sie sich fest, in einer Rettungsinsel treibend, in einem Sturm weit draußen auf dem Nordatlantik? Im Wissen, dass es eigentlich keine Rettung geben kann. Reden sie miteinander? Schweigen sie? Weinen sie? Hat noch jemand eine letzte Zigarette?
In dieser Woche mit schweren Orkanen und einem drohenden Krieg in Europa hat mich das Schicksal der Fischer beschäftigt. 21 Crewmitglieder des spanischen Trawlers „Villa de Pitanxo“ starben auf den Grand Banks, einem ertragreichen, aber gefährlichen Fischgebiet vor der Küste von Neufundland.
Das Schicksal der Fischer
Was auch immer den Untergang auslöste. Es ging dramatisch schnell. Nicht mal ein „Mayday“ konnte vom 50 Meter langen Schiff abgegeben werden, das vor knapp drei Wochen den Hafen von Vigo in Galizien verlassen hatte. Ist womöglich Ladung verrutscht, wie ich von einem erfahrenen Trawlerkapitän aus Cuxhaven hörte? Oder traf eine große Welle das Schiff?
Eine große Suchaktion lief nach dem Alarm einer EPIRB-Notboje an. Hubschrauber, ein Flugzeug, Schiffe der kanadischen Küstenwache. Die Crews kämpften sich durch schlechtes Wetter mit bis zu zehn Meter hohen Wellen. Auch mehrere Trawler änderten sofort ihren Kurs, um zu helfen und nach ihren Kameraden zu suchen. So geht Solidarität auf See.
Ich musste schlucken, als ich die Meldung las.
Andere Fischer kommen zu Hilfe
Die Teams fanden nur eine Rettungsinsel mit drei Überlebende, unter ihnen der Kapitän des Trawlers. Die Männer kamen mit starken Unterkühlungen in ein Krankenhaus. Wenig später zog eine Trawlerbesatzung neun Leichen aus dem kalten Ozean. Die Suche nach den anderen Crewmitglieder im 900 Seemeilen großen Gebiet wurde abgebrochen, als es wegen der eisigen Temperaturen und des zunehmenden Sturms keine Hoffnung mehr gab.
Im Norden Spaniens, in Galizien, wo viele Menschen von der Fischerei leben, steht eine ganze Region unter Schock. Die meisten Fischer stammen aus der kleinen Hafenstadt Marin. Es ist für Spaniens Fischerei das schlimmste Unglück seit 1984. Eine furchtbare Erinnerung daran, dass der Beruf nicht nur unglaublich hart, sondern auch heute, trotz moderner Technik und Ausrüstung, noch gefährlich ist.
Auch das Datum ist unheimlich
Zum unheimlichen Aspekt des Untergangs gehört übrigens das Datum. Am 15. Februar 1982, also auf den Tag genau 40 Jahre zuvor, zerstörte ein Orkan auf den Grand Banks eine Ölplattform. 84 Männer kamen ums Leben, als mehr als zwanzig Meter hohe Wellen die „Ocean Ranger“ zerschlugen.
Stefan Kruecken, Jahrgang 1975, leitet mit seiner Frau Julia den Ankerherz Verlag. Vorher war er Polizeireporter für die Chicago Tribune und arbeitete als Reporter für Zeitschriften wie max, Stern und GQ von Uganda bis Grönland. Zuletzt erschien das Buch „Überleben im Sturm“ über die Retter der RNLI.