Unterwegs im Land of Maybe. In Stefans Geschichte vom Meer geht es in dieser Folge um eine Reise auf die Färöer, die unvergesslich bleibe wird.
Selbst die Alten konnten sich nicht daran erinnern, wann zuletzt so viel Schnee auf den Inseln gefallen war. Sobald der Bus die Berge erreichte, bot sich daher mehr Abenteuer, als uns das lieb war. Bei Schnee und Eis und Matsch auf engen Straßen unterwegs zu sein, die steil in den Nordatlantik abfallen, daran muss man sich erst gewönnen.
Schneesturm über den Färöer
Selbst Fahrer Jogvan, der eine stoische, wikingereske Ruhe ausstrahlt und darauf hinwies, dass er in Dänemark ein Bustraining auf Eis absolviert hatte, war eine gewisse Nervosität anzumerken. Vor einer besonders steilen Steigung griff er jedenfalls häufiger also sonst in die Tüte mit Süßigkeiten auf dem Armaturenbrett.
So ist das, wenn man im Land des Vielleicht unterwegs ist. „Land of Maybe“, so nannte ein britischer Soldat, der im Zeiten Weltkrieg hier stationiert war, die Färöer. Denn „Kanska“ – übersetzt: vielleicht – ist das vermutlich meistgesprochene Wort auf den 18 Inseln der Schafe. Auf dem 62. Breitengrad fällt fünf Mal so viel Regen wie auf den regenreichen Britischen Inseln, hier gibt es fünfhundert Mal so viel Wind. Vielleicht geht morgen die Fähre. Vielleicht spielen wir morgen Fußball. Vielleicht klappt morgen der Ausflug.
Mancher Ort, den wir unbedingt anschauen wollten, wie die Insel Kalsoy, auf der James Bond im letzten Film beerdigt wird, blieb im Schneesturm unerreichbar. Andere Plätze, etwa das Fischerdorf Bøur oder die Kirchensiedlung Kirkjubøur, entwickelten im Treiben von Flocken und Wind eine Magie, die unvergesslich bleiben wird.
Unterwegs im Land of Maybe
Das vielleicht Schönste war, dass diese ganzen „vielleicht“ niemanden zu stören schienen. Keinen aus unserer Reisegruppe, schon gar keinen Insulaner. Wir bekamen einen Eindruck von Gemeinschaft und Freundlichkeit und Zusammenhalt einer Inselkultur, die seit Jahrhunderten so funktionieren muss. Weil sie nur so, weit draußen in einem wilden Ozean, überleben kann.
Für mich war es neben der Schönheit der Natur die Erkenntnis der Reise. Dinge nehmen, wie sie eben sind. Das passt auch so gut in eine Zeit, in der es nach Pandemie und durch einen Angriffskrieg in Europa längst keine Gewissheiten mehr gibt.
An einem Abend erhielt ich eine Nachricht über Facebook. Mike Maple schickte mir eine Nachricht, ein ehemaliger Kriegsfotograf aus Memphis, mit dem ich zuletzt vor 20 Jahren gearbeitet hatte. „Zur Hölle, du bist in Torshavn?“, schrieb er, „ich auch!“ Und so kam es zum unwahrscheinlichsten aller Wiedersehen.
Als ich spät in der Nacht ins Hotel zurück spazierte, hatte es aufgehört zu schneien. Der Himmel über den Inseln war klar. Ich stapfte durch tiefen Schnee und durch stille Straßen. Über mir leuchtete ein Polarlicht.
Wer bei einer unserer nächsten Skua-Touren oder der nächsten Land of Maybe Reise dabei sein möchte, schaut bitte HIER oder schreibt uns eine Mail an Nordatlantik(at)ankerherz.de