Ein Leben auf einer Insel. Wer träumt nicht davon? Doch steigende Mieten machen den Alltag für viele Insulaner inzwischen hyperteuer bis unerschwinglich. Die Insel Spiekeroog versuchte mit einem Bebauungsplan gegenzusteuern. Doch den kassierte nun ein Gericht nach einer Klage ein. Was nun? Stefans neue Geschichte vom Meer…
Was auf dem Wohnungsmarkt der deutschen Inseln passiert, ist in Teilen so durchgeknallt, wie man das sonst nur aus Hamburg oder München kennt. Quadratmeterpreise von mehr als 10.000 € oder Immobilienbesitzer, die allen Ernstes fünf Wohnungen auf 60 Quadratmetern unterbringen wollen, gehören zu einer „Normalität“, die für Normalverdiener längst alles andere als normal ist.
Investoren vom Festland machen das Alltagsleben für Insulaner eigentlich unmöglich. Restaurants, Hotels und selbst Inselverwaltungen haben Probleme, ihre Mitarbeiter unterzubringen. In der Nebensaison bleiben in vielen Orten abends die Lichter aus. Geisterdörfer. Die Knudsens, Mammsens und Hansens werden verdrängt von Rechtsanwälten aus Bonn-Poppelsdorf.
Der Plan der Insel
Nun versuchte Spiekeroog, im Jahr 2012 mit einem Bebauungsplan gegenzusteuern. Plan der Insel: Immobilienkäufer, die Ferienwohnungen vermieten wollten, sollten bei einer Gesamtfläche von mehr als 120 Quadratmeter einen Teil der Immobilie als Mietwohnung anbieten müssen. Ein Drittel der Fläche, um genau zu sein. Klingt eigentlich vernünftig, oder? Nach dem Prinzip Geben und Nehmen.
Doch dagegen klagte eine Familie aus Bremen. Sie kaufte ein Haus mit drei Ferienwohnungen und will sie auch genauso nutzen. In dieser Woche hat das zuständige Oberverwaltungsgericht (OVG) den Bebauungsplan für unwirksam erklärt. Eine Urteilsbegründung gibt es noch nicht, doch in einer Pressemitteilung heißt es, dass eine Gemeinde solche Regelungen durchaus über einen Bebauungsplan umsetzen kann. Aber nicht so, wie es Spiekeroog tat.
Wie geht es nun weiter?
Inselbürgermeister erwartet Klagen
Ich habe beim Inselbürgermeister angerufen, Matthias Piszczan (CDU). Er fürchtet nach dem „enttäuschenden Urteil“, dass andere Immobilienbesitzer, die in den letzten Jahren widerwillig Wohnraum schufen, klagen werden. „Ich kann nur hoffen, dass sich Investoren auch ihrer sozialen Verantwortung gegenüber unserer Insel im Klaren sind“, sagt er.
Die Inselverwaltung will nun einen neuen Bebauungsplan ausarbeiten, der künftigen Klagen standhält, denn diese werden kommen, so sicher wie die Ebbe nach der Flut. Die Einsicht, sich in irgendeiner Form mit einer Insel solidarisch zu zeigen, von deren Schönheit und Lage man schließlich profitiert, ist im Konzept der Gewinnmaximierung nicht vorgesehen.
Vielleicht ändert sich erst dann etwas, wenn man als Tourist keine Restaurants mehr findet, keinen Bäcker und nichts von dem, was einen Urlaub liebenswert und erholsam macht. „Wer hilft eigentlich, wenn es auf der Insel buchstäblich mal brennt?“, fragt Inselbürgermeister Piszczan.
Daran denken jene, die mit ihrer Gier aus lebendigen Inseln mit eigener Kultur Ferienparks im Meer machen, eben nicht.