Sturmfahrt ins Land of Maybe. In Stefans Geschichte vom Meer geht es diesmal um ein besonderes Erlebnis auf dem Nordatlantik. Es spielt während der Skua-Tour von Ankerherz.
Wie Mauern mit scharfen Zacken ragen die Färöerinseln aus dem kalten Ozean. Ein Sturm von Süden schüttelt das Schiff. Mächtige Wellen schlagen gegen die grauen Steinwände, und der Wind trägt Fetzen des Krachens herüber. Es ist ein Heulen und Fauchen und Tosen an Deck der Islandfähre.
Ich hocke in einer einigermaßen geschützten Ecke, halte mich an meinem Becher mit schwarzem Kaffee fest und genieße jeden Augenblick. Einst lebten Wikinger auf diesen Inseln, die gekreuzt werden vom 62. Breitengrad. Wie sich hier früher Menschen behaupten konnten, ohne Motoren und künstliche Wärme und Heißgetränk im Becher? Mir ist es unbegreiflich.
Im Land of Maybe
An acht Monaten heult der Sturm mit mehr als 100 Stundenkilometern über den Färöerinseln. Nördlich der Hauptstadt Tórshavn maß man vor einigen Jahren einen Rekord: 283 km/h, stärker als ein Hurrikan. Dazu regnet es ständig und in die Färinger kennen mehr als ein Dutzend verschiedene Begriffe für Nebel.
„Land of maybe“ nannte ein englischer Soldat, der hier im Zweiten Weltkrieg stationiert war, das Archipel, „Land des vielleicht“. Wo das Wetter so extrem ist, spielt das Wörtchen „vielleicht“ eine große Rolle. Vielleicht gehen wir morgen fischen. Vielleicht startet morgen der Flieger. Vielleicht gewinnen wir morgen gegen Österreich oder die Türkei im Fußball (die Sensation HIER im Video).
Die Färöer und der Walfang
Fußball nämlich ist für die Färöer so etwas wie eine nationale Ecstasy-Pille, obwohl man für das erste Nationalstadion eine Bergkuppe sprengen musste, weil sich keine ebene Fläche fand. Mit Disziplin gelingt es den renitenten Inselbewohnern gegen Nationen zu bestehen, die 1734 Mal so viele Einwohner haben. Die komplette Bevölkerung der Färöer fände im Volksparkstadion bequem Platz.
Über die Färöerinseln regt man sich in Ländern, in denen Tiere industriell getötet werden, gerne auf, wegen des Walfangs. Auch auf den Inseln wird über den „Grindadráp“ gestritten, doch bislang betreibt man ihn weiter. Nicht nur aus Tradition, sondern aus Selbstschutz. Für den Fall der großen Krise, in der kein Schiff mehr geht – wie soll man so weit draußen überleben? Ich empfehle jedem die Reise, anderthalb Tage lang über dieses wilde Meer, um zu verstehen, was das meint. Doch vermutlich geht es in dieser Diskussion nicht um begreifen, sondern um wohlige Empörung.
Ich stehe mit meinem Kaffeebecher oben an Deck. Der Sturm nimmt weiter zu, der Nordatlantik wirkt unheimlich und so schön zugleich. Gleich legen wir in Tórshavn an. Ein kurzer Besuch im „Land des vielleicht“, in einer Zeit der Ungewissheit des „vielleicht“. In den Nachrichten reden sie davon, dass wegen des Raketeneinschlags in Polen die Bedrohung eines Dritten Weltkriegs im Raum stand.
Über die Färöerinseln regt man sich in Ländern, in denen Tiere industriell getötet werden, gerne auf, wegen des Walfangs. Auch auf den Inseln wird über den „Grindadráp“ gestritten, doch bislang betreibt man ihn weiter. Nicht nur aus Tradition, sondern aus Selbstschutz. Für den Fall der großen Krise, in der kein Schiff mehr geht – wie soll man so weit draußen überleben? Ich empfehle jedem die Reise, anderthalb Tage lang über dieses wilde Meer, um zu verstehen, was das meint. Doch vermutlich geht es in dieser Diskussion nicht um begreifen, sondern um wohlige Empörung.
Ich stehe mit meinem Kaffeebecher oben an Deck. Der Sturm nimmt weiter zu, der Nordatlantik wirkt unheimlich und so schön zugleich. Gleich legen wir in Tórshavn an. Ein kurzer Besuch im „Land des vielleicht“, in einer Zeit der Ungewissheit des „vielleicht“. In den Nachrichten reden sie davon, dass wegen des Raketeneinschlags in Polen die Bedrohung eines Dritten Weltkriegs im Raum stand.